Dettensee
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Jüdische Geschichte - Salomon Hirschfelder

[Q] Die Informationen auf dieser Seite entstammen folgenden Quellen: Herbert Zander: Salomon Hirschfelder. Leben und Werk eines Multitalents aus Hohenzollern. Teil 1. In: Hohenzollerische Heimat 53 (2003), S. 59-64; Teil 2. In: Hohenzollerische Heimat 54 (2004), S. 1-5. · Herbert Zander: Die jüdische Gemeinde Dettensee 1579 - 1939. In: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte, Band 45 (2009), Seite 61ff.

Liebe macht blind
Liebe macht blind
Öl auf Leinwand, 1880

Salomon Hirschfelder (16. Mai 1831 – 10. Mai 1903) war ein der jüdischen Gemeinde Dettensees entstammender, zu seiner Zeit bei Kunstkennern bekannter Maler, Fotograf und Erfinder. Einen großen Teil seines Lebens verbrachte er in München. Heute kennt man Hirschfelder vor allem wegen seiner zwei Hauptwerke, der „Brotvisitation“ und „Im Dienstbotenbüro“, die der Genremalerei zugeordnet werden. Beide Bilder sind als Dauerleihgaben des Landes Baden-Württemberg im Horber Stadtmuseum ausgestellt. Bei Auktionen erzielten seine Bilder in der jüngeren Vergangenheit Preise zwischen 2000 Euro und 37.500 Euro.

Biographie

Salomon Hirschfelder wurde am 16. Mai 1831 in Dettensee als zweites von fünf Kindern des Buchbinders Joseph Mayer Hirschfelder und dessen zweiter Ehefrau Sara Schneier (Schnaier), die aus Fellheim in Bayern stammte, geboren. Er wuchs in den für die Dettenseer Juden der damaligen Zeit typischen, ärmlichen Umständen auf, und besuchte von 1837 bis 1845 die jüdische Volksschule am Ort.

Von Kindheit an zeigte Hirschfelder zeichnerisches Talent und wollte Kunstmaler werden, vermutlich beeinflusst vom Umgang mit Illustrationen in den Büchern, die sein Vater band. Da die Malerei jedoch als brotlose Kunst galt, absolvierte er zunächst eine Ausbildung bei einem Landmaler, der auf Dörfern Wohnräume und Möbel verzierte. In den Jahren 1854-55 leistet er den preußischen Militärdienst ab, aus dem er, vermutlich wegen seiner künstlerischen Begabung, durch König Friedrich Wilhelm IV. selbst gnadenhalber frühzeitig entlassen wurde. Nachdem ein Studium an der Akademie der bildenden Künste München früher an den finanziellen Möglichkeiten von Hirschfelders Vater gescheitert war, gelang Hirschfelder in dieser Zeit die Aufnahme. Der genaue Zeitpunkt ist aufgrund der schwierigen Quellenlage nicht klar. Er verließ die Akademie jedoch bald darauf ohne Abschluss wieder.

Seit den 1860er Jahren bis zu seinem Tod 1903 lebte er als freischaffender Künstler unverheiratet in München. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof in der Thalkirchner Straße beigesetzt. In seiner Grabrede summierte der Rabbiner Dr. Maier Hirschfelders Leben mit den Worten: Seinen ganzen Lebensinhalt bildete die Kunst, eine Kunst, die unter Tränen lächelt, und sie bildete das Gegengewicht zu seinen Leiden und Entbehrungen; in ihr fand er Trost, Frieden und reichen Segen.

Charakter & Begabungen

Als Grund, warum Hirschfelder sein lange angestrebtes Studium bald wieder abbrach, gibt er selbst die mangelde Unterstützung durch seine akademischen Lehrer an. Inwiefern diese Klage über den universitären Lehrbetrieb zutraf, oder die Gründe vielmehr in Hirschfelders Charakter lagen, ist Spekulation. Der Journalist und Kulturhistoriker Adolf Kohut deutet in einem biografischen Artikel von 1902 Hirschfelders schwierigen Charakter an: Er liebte es nicht, mit den Menschen in Berührung zu kommen, und nur Wenige in München kennen den einsamen Alten, den Philosophen der Palette, auf den leider auch das Wort angewendet werden kann: Wer sich der Einsamkeit ergiebt, ist bald allein. Kohut fährt fort, dass Hirschfelder, obschon er das biblische Lebensalter längst überschritten, sich keines Mäzens und keines Protektors erfreut und einem als ein ausgemachter Hypochonder entgegentritt.

Ob es konkrete Ursachen für Hirschfelders Zurückgezogenheit gab, oder ob er das einzelgängerische Leben aus freien Stücken wählte, ist nichts bekannt. Trotz vielen Durststrecken und Misserfolge auf künstlerischem Gebiet wich Hirschfelder jedoch nie von seiner eisernen Beharrlichkeit, seiner erstaunlichen Ausdauer und seinem Genie ab, die ihn letztlich sein umfangreiches Werk schaffen ließen. Erst die „Brotvisitation“ von 1873 verschaffte ihm unter den Malern der Münchener Szene größere Bekanntheit.

Künstlerisches Werk

Hirschfelder, der sein Leben lang mehr schlecht als recht von seiner Arbeit leben konnte, ist auch heute noch ein Begriff in der Welt der Kunst. Der Stil und die Ausführung seiner heute bekannten Bilder zeichnen sich durch die sehr genaue und liebevolle Beobachtung alltäglicher Situationen aus.

Seine bekanntesten Werke sind die erwähnte „Brotvisitation“ von und „Im Dienstmädchenbüro“, die heute als Dauerleihgabe des Landes Baden-Württemberg im Horber Stadtmuseum zu sehen sind. Die „Brotvisitation“ ist auch deshalb bemerkenswert, weil die Szene vermutlich in Dettensee spielt. Thema des Gemäldes, das in verschiedenen Versionen existiert und in Horb in der Fassung von 1876 zu sehen ist, ist die Einführung der metrischen Maße und Gewichte in Deutschland 1872.

Neben seinem Talent in der bildenden Kunst war Hirschfelder auch musikalisch begabt; insbesondere Geige spielte er „mit hinreißendem Feuer und zartester Empfindung“.

Der Erfinder

Hirschfelders Patent
Photographischer Apparat mit schwingender Objectivhülse für ebene Platten

Neben der Malerei beschäftigte Hirschfelder sich auch eingehend mit der Fotografie und der technischen Weiterentwicklung des Fotoapparates. Am 14. Juli 1891 wurde von Hirschfelder und dem aus New York stammenden Louis Dannhauser ein Patent mit dem Titel Photographischer Apparat mit schwingender Objectivhülse für ebene Platten angemeldet. Das Prinzip ist in abgewandelter Form bei den heutigen Scannern zu sehen. Die praktische Umsetzung scheiterte dabei an technischen Problemen; Hirschfelder war mit dieser Idee seiner Zeit voraus. Daneben war Hirschfelder Inhaber zweier weiterer Patente zu einer Vorrichtung zum Halten der Bücher beim Lesen sowie einer Handkurbel mit Sperrung und Auslösung.

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