Jüdische Geschichte - Die Geschwister Hermann und Louisa Hirsch[Q] Die Informationen auf dieser Seite entstammen, soweit nicht anders angegeben, folgender Quelle: Herbert Zander: Die jüdische Gemeinde Dettensee 1579 - 1939. In: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte, Band 45 (2009), Seite 61ff. Familie HirschDie letzten beiden jüdischen Einwohner von Dettensee entstammten einer Familie, die sich seit 1752 in Dettensee nachweisen lässt. Ihr Vater Josef Hirsch starb 1878 im Alter von 52 Jahren. Die Mutter Sophie Hirsch, geborene Holländer, deren Vater lange Zeit Lehrer und Vorsänger in Dettensee war, starb 1905 mit 71 Jahren in Dettensee. Das Ehepaar hatte zusammen zehn Kinder, von denen vier bereits im Säuglings- oder Kleinkindalter starben. Hermann HirschDas älteste Kind der Familie, Hermann Hirsch, wurde am30. September 1860 in Dettensee geboren. In Dettensee wurde Hermann Hirsch nur „Jaußle“ genannt – wohl eine Verballhornung des Namens „Joseph“, möglicherweise ähnelte er seinem verstorbenen Vater. Dettenseer erinnerten sich an ihn als älteren, meist aus dem Fenster schauenden Mann, der ab und zu seine Hühner fütterte. Als er 1905 beim Standesamt den Tod seiner Mutter anzeigte, wurde er als Handelsmann bezeichnet. Wenn er auf der Straße zu sehen war, hielt er immer eine verkrüppelte Hand hinter dem Rücken. Es ist nicht sicher, ob dies eine angeborene Behinderung war oder ob er sich eine Verletzung erst im Laufe seines Lebens zuzog. Als letzter männlicher jüdischer Einwohner Dettensees regelte er die ökonomischen Folgen des Verschwindens der jüdischen Gemeinde. Er starb am 1. Juli 1934 in Dettensee. Beim Begräbnis auf dem jüdischen Friedhof von Dettensee gaben ihm auch viele Dettenseer Christen das letzte Geleit. Ein Pfeiler der Synagoge wurde zu seinem Grabstein umgearbeitet. Louisa HirschLouisa Hirsch, „Luisle“ genannt, wurde als sechstes Kind der Familie am 9. April 1868 in Dettensee geboren. Sie wird als klein und zierlich, mit schönen Haaren und – auch im Gegensatz zu ihrem Bruder – als sehr fleißige und emsige Frau beschrieben, die ihren Lebensunterhalt unter anderem mit überaus müheseligen Arbeiten wie dem „Ährenlesen“ und dem Einsammeln dürrer Äste bestritten haben soll. Louisa Hirsch wurde von allen, die sie noch kannten, als angenehme Person beschrieben. Gegenüber den Nachbarn immer hilfsbereit, blieb Louisa Hirsch mit diesen auch nach ihrem Wegzug aus Dettensee im Briefkontakt. Noch am Tage ihrer Deportation schrieb sie einem Nachbarn einen Brief, in dem sie ihre ungewisse Zukunft schilderte. Nach 1935 hatte Louisa Hirsch unter den Nazis zu leiden. Von jungen Männern wurden ihr etliche Fensterscheiben eingeworfen. Ihr Nachbar wollte ihr zur Hilfe eilen, wurde aber unter Androhung von Gewalt von den Steinewerfern vertrieben. Den anderen Nachbarn machte sie wegen deren Teilnahmslosigkeit heftige Vorwürfe. 1937 versuchte sie nach Rexingen umzuziehen, was ihr unter fadenscheinigen Gründen verwehrt wurde. Nach dem vermutlich nicht ganz freiwilligen Verkauf ihres Hauses erwarb sie sich einen Platz im jüdischen (Zwangs-)Altersheim in Herrlingen bei Ulm, in das sie am 28. Juli 1939 einzog. Am 25. Juni 1942 übersiedelte sie zwangsweise nach Oberstotzingen, von dort wurde sie am 22. August 1942 nach Theresienstadt deportiert. Am 26. September 1942 kam sie 74-jährig in das Vernichtungslager Maly Trostinec in der Nähe von Minsk. Dort ist sie verschollen. Weitere Opfer des HolocaustNeben Luise Hirsch wurden elf weitere in Dettensee geborene Juden Opfer des Holocausts. Von diesen waren allerdings manche schon als Kleinkinder mit ihren Eltern aus Dettensee weggezogen. |
Letzte Änderung: 03.02.2013 |