Dettensee
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Jüdische Geschichte - Friedhof und Synagoge

[Q1] Die Informationen auf dieser Seite entstammen, soweit nicht anders angegeben, folgender Quelle: Herbert Zander: Die jüdische Gemeinde Dettensee 1579 - 1939. In: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte, Band 45 (2009), Seite 61ff.

Die Synagoge

Baugeschichte

Dettenseer Synagoge
Inneres der Dettenseer Synagoge

Synagoge Dettensee
Die Dettenseer Synagoge

Im Jahre 1811 erwarb die jüdische Gemeinde einen Bauplatz für 185 Gulden und ersuchte um die Erlaubnis zum Bau einer neuen Synagoge. Sie wurde in der Folgezeit auch Dank Spenden auswärtiger Juden als massives, stattliches Bauwerk errichtet und am 5. Juli 1820 in Anwesenheit eines Regierungsvertreters durch den Rabbiner von Hechingen eingeweiht. Das Mauerwerk bestand hauptsächlich aus dem Material des 1817/18 abgebrochenen Hauptgebäudes der Schlossanlage.

[Q2] Die Bilder der Dettenseer Synagoge sind im Besitz der Central Archives for the History of the Jewish People. Veröffentlichung mit Genehmigung.

Inneneinrichtung und Inventar

Vom Inventar der Dettenseer Synagoge ist das Synagogensilber, bestehend aus dem Toraschild, den Rimonim sowie dem Torazeiger, erhalten geblieben. Die Familie Rosenheimer nahm es bei ihrem Umzug nach Horb an sich. Max Rosenheimer, der Sohn der Familie, nahm es bei der Flucht vor den Nationalsozialisten mit in die USA und stiftete es 1971 dem wenige Jahre zuvor gegründeten Sylvia Plotkin Judaica Museum der Gemeinde Beth Israel in Scottsdale, Arizona. Von dort ist das Dettenseer Silber nach Haigerloch ausgeliehen und derzeit Teil der Dauerausstellung „Spurensicherung: Jüdisches Leben in Hohenzollern“ in der Haigerlocher Synagoge.

[Q3] Bilder vom Silber der Dettenseer Synagoge mit freundlicher Genehmigung des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg .

Fünf Glaskandelaber, die nach dem Abriss der Synagoge aufwendig restauriert worden waren und sich in der Synagoge von Buchau befanden, wurden in der Pogromnacht am 11. November 1938 zerstört. Nach Einschätzung des Landeskonservator Prof. Wilhelm Friedrich Laur im Jahr 1927 befanden sich ansonsten keine Kunstwerke von besonderem Wert im Gebäude.

Grabstein Herrmann Hirschs
Grabstein Hermann Hirschs

Synagogentür
Tür der Dettenseer Synagoge

Einer der ehemaligen Stützpfeiler der Empore in der Synagoge wurde zum Grabstein für den letzten in Dettensee begrabenen Juden Hermann Hirsch umgearbeitet. Die Eingangstür fand neue Verwendung in einer Schreinerwerkstatt. Die Schreinerwerkstatt musste 2010 einem Wohnhaus weichen, die Eingangstür der ehemaligen Synagoge wurde durch Vermittlung des Dettenseer Bürgers Herbert Zander dem „Gesprächskreis ehemalige Synagoge Haigerloch“ übergeben und ist nun ebenfalls Teil der Ausstellung in der Haigerlocher Synagoge (Link zum Presseartikel).

Abriss

Die Synagoge wurde bis 1900 genutzt, während die jüdische Gemeinde immer weiter schrumpfte. Nach dem Ende der Nutzung als Gotteshaus wurden von staatlicher Seite einige Versuche unternommen, die Synagoge einem neuen Zweck zuzuführen, die aber meist an den finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde oder der damals abgelegenen Lage Dettensee scheiterten. Eine Verwendung als Jugendheim wurde erwogen, scheiterte aber am Widerstand der jüdischen Gemeinde und ihres Vertreters Hermann Hirsch. Auch eine Nutzung als Ökonomiegebäude kam - auch aus religiösen Gründe - für Hermann Hirsch nicht in Frage. So wurde die Synagoge 1928 endgültig geschlossen. Am 28. Juli 1929 wurde das Ende der jüdischen Gemeinde in einem Vertrag mit der politischen Gemeinde geregelt, wobei auch der Abriss der Synagoge vereinbart wurde. Das Gebäude wurde am 16. Januar 1930 für 430 RM versteigert; bis 19. März 1930 war der Abbruch wohl beendet.

Jüdischer Friedhof

Erwerb und Nutzung

Seit Bestehen der jüdischen Gemeinde bestatteten die Dettenseer ihre Toten auf dem israelitischen Friedhof in Mühringen. Im Jahr 1830 erwarb die jüdische Gemeinde vom Oberamt Glatt ein Grundstück für einen eigenen Friedhof, um sich für die Zukunft den langen Fußweg und die hohen Bestattungskosten zu ersparen. Das 13,34 a große Grundstück am nördlichen Rande des Hinach-Waldes sollte für die kommenden 100 Jahre Platz bieten. Durch den Bevölkerungsrückgang in der Gemeinde im 19. Jahrhundert kam es aber nie zu einer vollständigen Belegung.

Zunächst war der Friedhof durch einen Graben und ein lebendiges Hag umgeben; die eigentlich vorgeschriebene Mauer wurde erst 1909 und 1911 errichtet. Das erste Begräbnis auf dem Friedhof fand am 17. Juni 1831 statt, das letzte – das des letzten männlichen jüdischen Dettenseers Hermann Hirsch – am 1. Juli 1934.

Verwitterung, Zerstörung und Wiederherstellung

Von den ursprünglich 218 Grabsteinen für die in Dettensee beigesetzten Juden sind noch 157 erhalten, 19 Steine davon jedoch nur bruchstückhaft. Die Beerdigung fand getrennt nach Geschlechtern statt. Ende des Jahres 1944 oder Anfang 1945 richteten etliche auswärtige Männer große Verwüstungen auf dem Friedhof an. Unter anderem wurden Grabsteine umgestürzt und zerstört. Bei der Wiedererrichtung der Grabsteine nach dem Krieg wurden Fehler begangen, auch aufgrund fehlender Hebräischkenntnisse, sodass heute Grabsteine und beerdigte Person zum Teil nicht mehr zusammengehören und auch die ursprüngliche Geschlechtertrennung nicht mehr vollständig erhalten ist.

Bilder

[Pfeil nach oben] Letzte Änderung: 29.03.2016Gültiges XHTML 1.0 Gültiges CSS